Gamification im Requirements-Engineering – Teil 1

À la mode

„Wer schon einmal etwas über Gamification gehört hat, hebt seine Hand!“
Stimmt, ich kann Sie zwar nicht sehen… aber ich vermute, Sie haben schon ein paar Sachen über dieses Thema gehört oder gelesen.

Tatsächlich ist Gamification seit etwa 5 Jahren „à la mode“. Mit dieser Methodik können wir z.B. die Medizinbranche revolutionieren, Patienten schneller versorgen oder die Konzentration und das Engagement von Schülern steigern oder einfach die Hausarbeit lustiger und zu einer Art Wettbewerb machen [1]. Allerdings ist Gamification nur seit 2011 wirklich definiert. Bendel [2] hat es wie folgt festgelegt: „Gamification ist die Übertragung von spieltypischen Elementen und Vorgängen in spielfremde Zusammenhänge mit dem Ziel der Verhaltensänderung und Motivationssteigerung bei Anwenderinnen und Anwendern“.

Natürlich fragen Sie sich nun: was haben Gamification und Requirements-Engineering miteinander zu tun? Diese Frage möchten wir hier näher betrachten.

Wie bereits die alten Griechen wussten…

In seinen „Historien“ erzählt uns Herodot (leider kein Sophist) von der Geschichte der Lyder: Unter der Herrschaft von Atys, Sohn von Manes, hatten die Lyder eine große Hungersnot erlitten. Die Zeit lief langsamer, weil der Hunger stark war… Aber die Lyder seien einfallsreich gewesen. Was haben sie gemacht, um vom Hunger abzulenken? Richtig: sie haben gespielt, natürlich! Würfel, Knöchelchen, Spielbälle… Durch diese Ablenkung vom Hunger konnten die Lyder nach Herodot 18 Jahre lang überleben.

Und die Moral von der Geschichte? Man benutzt schon seit etwa 2500 Jahren Spielelemente in spielfremden Zusammenhängen. In einer vorhergehenden Blogserie haben wir festgestellt, dass RE ein paar hundert Jahre zu spät kommt. Wahrscheinlich stimmt das für Gamification nicht!

Herausforderungen im RE-Bereich

Schauen wir jetzt näher die vier RE-Disziplinen vom RE an [3]:Abbildung 1 – Die vier RE-Disziplinen

Um diese vier Tätigkeiten durchzuführen, muss man mit verschiedenen Personen kommunizieren. Dafür braucht man nicht nur Hard-Skills, sondern insbesondere Soft-Skills sind essentiell, um die Arbeit eines Requirements-Engineers zu erfüllen, mit den verschiedenen Stakeholdern zu kommunizieren und konstruktive Lösungen zu finden. Ein wichtiger Aspekt ist dabei immer, die Stakeholder zur Mitarbeit zu bewegen, also deren Motivation zu steigern. Im RE ist es außerdem wichtig, komplexe Probleme so genau wie möglich zu beschreiben und auch „unbewusstes“ Wissen der Stakeholder ans Tageslicht zu bringen. Beides kann nur mit einer hohen Motivation der Teilnehmer erreicht werden. Aber was ist wirklich Motivation?

Motivation durch Gamification

Gemäß Figas et al. [4], ist Motivation eine Kombination von Zielen und Motiven, die man erreichen möchte, und den Antrieb, den man daraus generiert. Die Motive selbst können intrinsisch oder extrinsisch motiviert sein, deswegen wurden zwei Typen von Motivation identifiziert:

  • Intrinsische Motivation: beschreibt die Erfüllung einer inhärenten erfreulichen Tätigkeit, z.B. ich lese ein Buch, weil ich dieses Buch schätze
  • Extrinsische Motivation: beschreibt die Erfüllung einer Aufgabe, weil es zu einem besonderen Ergebnis führt, z.B. ich lese ein Buch, weil ich am Ende des Monats eine Prüfung habe.

Daher können wir uns fragen, wo Gamification einzuordnen ist. In [4] identifizieren Figas et al. vier Elemente, um Motivation zu fördern:

  • Neugier entfachen
  • Unabhängigkeit fördern
  • Schwierigkeit anpassen
  • Anreize erstellen

Wer schon einmal ein Spiel gespielt hat, wird sich in diesen vier Elementen wiederfinden: Man kennt diese Lust etwas neu zu entdecken – und will immer länger spielen, um seine Neugier zu befriedigen. Des Weiteren schätzt man, wenn man unabhängig von externen Faktoren ist: in einem Spiel hat man mehr Raum, neue Verhalten oder Spielstrategien zu probieren. Zusätzlich bietet ein Spiel an, die Schwierigkeitsgrade der Aufgabe anzupassen: wenn man sich verbessert, wird die Spielschwierigkeit ebenfalls gesteigert. Letzten Endes bieten zahlreiche Spiele unterschiedliche Anreize (die klassische Point-Badges-Leaderboard Kombination, bei der Erfolg durch externe Anerkennungen gewürdigt wird) an.

Spielerische Elemente können also helfen, Motivation zu steigern. Sie sind neugierig geworden, wie man diese nicht gerade neue Erkenntnis nutzen kann, um daraus Gewinn für die Arbeit als Requirements-Engineer zu ziehen? Eine Möglichkeit stellen wir Ihnen im zweiten Teil dieser kleinen Blogserie vor.

Sie haben schon eine Idee? Dann nutzen Sie die Zeit bis zum nächsten Blogbeitrag und teilen Sie uns diese in den Kommentaren mit!

[1]        McGonigal, J.: Reality is Broken: Why Games Make Us Better and How They Can Change the World. USA: The Penguin Press 2011, 396.
[2]        Bendel, Oliver. Gamification. Beitrag für das Gabler Wirtschaftslexikon. Springer Gabler, Wiesbaden 2013. Über http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/gamification.html.
[3]        Rupp, Chris und die SOPHISTen: Requirements-Engineering und -Management, Carl Hanser Verlag München 2014, 6. Auflage
[4]        Figas, P.; Hagel, D.; Bartel, A.: The Furtherance of Motivation in the Context of Teaching Software Engineering in IEEE Global Engineering Education Conference, Berlin, März 2013

Teil 2: Gamification im Requirements-Engineering: Das “Speed-Boat”

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