„Changemanagment auf agile Art? Open Space Agility“- Teil 1- Open Space Technology

Während seines Video-Workshops auf der AgileTour 2016 in Stuttgart, bezeichnete sich Daniel Mezick als eine „Art Häretiker“(1). Sein ungewöhnlicher Ansatz zur Einführung von Agilität in Unternehmen zieht innerhalb der agilen Szene immer mehr Aufmerksamkeit auf sich(2). Ein guter Grund sich Mezick Open Space Agility einmal genauer anzusehen.

Open Space Agility, der Weg zu gelingender Agilität, setzt auf Open Space Technology. Harrison Owens entwickelte in der Mitte der 1980er eine Methode zur Durchführung und Gestaltung von Konferenzen. Dieses Konzept ist eines der 16 Business-Pattern, die Mezick in seinem 2012 erschienenen Buch „Culture Game“(3) als besonders erfolgreich im agilen Umfeld identifizierte. Er widmete der Open Space Technology ein ganzes Kapitel und weitet dieses dann in den Folgejahren zu einem ganzen Framework aus(4). Deswegen möchten wir in unserem ersten Teil zur Reihe Open Space Agility zunächst einmal auf Owen Harrisons Open Space eingehen.

1983 organisierte Owen Harrison einen Kongress für 250 Organisationsentwickler. Am Ende waren sich alle Teilnehmer einig: Der nützlichste Teil der gesamten Veranstaltung waren mit Abstand die Kaffeepausen(5).

Aus dieser Anekdote, die übrigens eine Art Entstehungslegende des Open Space ist, lässt sich ein Schluss ziehen: Entweder war Harrison Owen nicht der geeignete Mann, um so einen Kongress zu planen und durchzuführen (was ausgeschlossen werden kann), oder die Kaffeepausen hatten „Etwas“, was den Rest der gelungenen Konferenz in den Schatten stellte. Das Open Space Konzept, das versucht diese magische Produktivität der legendären Kaffeepausen zu replizieren, in dem durch aktive Gestaltung des Umfelds und verschieden Übergangsrituale optimale Voraussetzungen für diese Dynamik erzeugt werden.

Es gibt im Open Space Ansatz eine Grundstruktur aus einem eröffnendem Meeting, dem eigentlichen Open Space und einem abschließenden Meeting. die organisatorischen Schritte während des Open Space wie Themenfindung, Agendaerstellung und die Sessions  haben dabei eher einen Phasencharakter und können nicht scharf gegen einander abgegrenzt oder terminiert werden. Es kann durchaus auch vorkommen, dass einzelne Phasen im Verlauf des Tages immer wieder aufkommen. Denn der Open Space, wird von den Teilnehmern weitgehend selbst organisiert. Die Moderation versucht lediglich organisatorische Hilfestellungen zu geben, in dem zum Beispiel ein Agenda-Baukasten aus selbstklebenden Notizzetteln vorbereitet wird. Mindestens genauso Wichtig ist  das informelle Treffen, das den Open Space eröffnet.Es macht allen Teilnehmern klar macht, was das Ziel der Veranstaltung ist. Wie wichtig dieses Meeting letztendlich wird einem klar wenn man bedenkt, dass alles was dann während des Open Space passiert weitestgehend bis zu dessen Beendigung keiner weiteren Kontrolle einer Organisation unterliegt. Es ist also die letzte Möglichkeit das übergeordnete Thema der Veranstaltung allen Teilnehmern zu kommunizieren. Ein weiterer Grundpfeiler der Open Space Technology ist der Modus der Themenfindung. Der konkrete Inhalt der Konferenz wird nicht im Vorfeld vorgegeben, sondern es existiert nur ein grobes übergeordnetes Thema. Am Anfang der Veranstaltung werden durch die Teilnehmer verschiedene Themen eingebracht. So hat jeder die Möglichkeit seine eigenen Anliegen, die im besonders am Herzen liegen, voranzutreiben. Auf diese Weise entstehen ganz verschiedene Fragestellungen, die das übergeordnete Thema der Konferenz ausgestalten und zwischen denen die Teilnehmer dann nach dem Gesetz der zwei Füße umherwandern können.

Das Gesetz der zwei Füße besagt(6), dass „[w]enn Sie in einer Gruppe nichts mehr lernen oder beitragen können, dann dürfen Sie gehen. Ehren Sie die Gruppe durch Ihre Ehrlichkeit und suchen Sie sich neue Aufgaben, denn Sie bestimmen alleine wo, wie und wie lange Sie sich beteiligen. Lassen Sie sich von Ihren Füßen leiten. Gehen Sie dahin, wo Sie Ihre Energie und Aufmerksamkeit einbringen wollen, nur dort werden Sie produktiv sein. Dies ist ein Gesetz: Es ist mehr als nur erlaubt, es ist vorgeschrieben. Nur so kann die Open Space Conference wirklich funktionieren.“

Das Gesetz der zwei Füße stellt die zentrale Anforderung an die Teilnehmer dar. Es verlangt von den Teilnehmern, sich effektive nach eigener Fassion einzubringen. Das Gesetz fordert aber auch ein hohes Maß an Selbstorganisation. Dabei kann man von zwei groben Verhaltenstypen ausgehen.

– Die Hummeln: Hummeln bewegen sich bedächtig von Workshop zu Workshop, bringen Energien vom einen zum anderen und befruchten so die Workshops wechselseitig.

– Die Schmetterlingen: Schmetterlinge flattern im Raum herum und sind Anziehungspunkt für Andere. Sie nehmen Energie auf und sind häufig der Anlass für Neues, Diskussionen, Workshops und Ideen.

Open Space Agility (OSA) ist, wie die Wortkomposition im Namen schon vermuten lässt, vom Open Space Konzept inspiriert. Das Ziel des OSA-Konzeptes ist es, über Open Spaces eine Grundlage für eine eigene inkrementell erarbeitete agile Methodik in bereits bestehende Vorgehensstrukturen einzubinden. Dabei findet das agile Experimentieren innerhalb der 100-tägigen Iterationen zwischen zwei Open Space Meetings statt. Wie das konkret aussehen kann erfahren Sie im nächsten Teil der Blog-Serie.

Sie wollen mehr über unsere OSA-Themen erfahren? Dann klicken sie hier und lesen Sie weitere Artikel in unserem Blog zu diesem Thema.

 

Fußnoten:

[1] Vgl.[Meci2016] bei 2:43 min..

[2] Mezick war mit seinem „Open Space Agility Framework“ 2017 Keynote Speaker auf 4 internationalen Konferenzen. SCRUM DAYS 2017 (Stuttgart), AGILE CINCINNATI (Cincinnati), Lean/Kanban 2017(Paris) und Agile BEACON (Hyderabad).

[3] Vgl.[Owen1987]

[4] Vgl.[Meci2016] bei 4:15 min.

[5] Vgl.[Meci2015] S.2.

[6] Vgl. ebd. 21.

 

Quellen:

[Meci2016]

Daniel Mezick: AgileTour2016 Stuttgart Daniel Mezick Open Space Agility. Video Workshop auf der AgileTour Stuttgart 2016, (Hochgeladen von: Scrum-Day am 22.10.2016), YouTube, https://youtu.be/srdxnaXpSm0 , letzter Aufruf: 20.11.2017.

 

[Meci2015] Daniel Mezick, Deborah Pontes u.a.: Open Space Agility Handbook. 2. Auflage Freestanding Press, 2015.

[Owen1987] Harrison Owen: SPIRIT- Development and Transformation in Organizations. Abbot Publishing, Potomac, 1987.

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