Herzlich Willkommen zum zweiten Blog aus unserer Reihe CPRE Advanced Level Elicitation and Consolidation. Wie bereits angekündigt wollen wir einige Techniken anhand von Best Practices aus unseren Projekten vorstellen.
Das Thema heute: Die Stakeholderliste.
Stakeholder sind in jeder Analyse die wichtigste Anforderungsquelle. Sie liefern Informationen zu Anforderungen, Hintergründe zum Systemkontext und Feedback zu expliziertem Wissen. Soweit so gut – was ist aber wenn nicht alle Stakeholder ausreichend repräsentiert sind und Anforderungen dadurch nicht vollständig erhoben werden können? Welche Stakeholder brauchen Sie wirklich und was müssen Sie über diese wissen? Um diese Fragen zu beantworten und den Überblick über die Stakeholder und die dazugehörigen Informationen (Verfügbarkeit, Motivation, Erfahrungshintergrund) zu strukturieren, setzen wir Stakeholderlisten ein. Ausgangspunkt ist eine Liste aller Stakeholdergruppen (Management, Anwender, Administratoren, usw.) die uns in 15 Jahren Projekterfahrung begegnet sind.
Zu Beginn eines Projekts besprechen wir die Stakeholderliste zusammen mit der Projektleitung, um die wichtigsten Stakeholdergruppen zu identifizieren. Die Projektleitung ernennt dann konkrete Repräsentanten für alle wichtigen Gruppen. Oft werden weitere Stakeholder erst in der Anforderungsermittlung (durch Erweiterung des Systemkontextes) ergänzt. Anhand der Projektfaktoren verhandeln wir dann mit der Projektleitung welche Stakeholder wichtig sind und welche Stakeholdergruppen evtl. noch nicht ausreichend repräsentiert sind.
Für jede Stakeholdergruppe oder Stakeholder werden anschließend wichtige Eigenschaften (Attribute) definiert. Die Stakeholderliste enthält bei uns aber nicht nur die Attribute Name, Funktion, Wichtigkeit, Kontaktdaten, Unternehmensbereich und zeitliche Verfügbarkeit der Stakeholder, sondern auch speziell an die Projektrahmenbedingung angepasste Attribute. In vielen unserer Projekte ist bspw. die Motivation in Bezug auf das Projekt entscheidend. Daher bewerten wir jeden Stakeholder bzgl. dieses Attributs, um ggf. andere Ermittlungsmethoden einzusetzen. Bei geringer Motivation der Stakeholder könnten Sie anstelle von Interviews z.B. eine Feldbeobachtung durchführen. Ein weiteres Attribut könnte die Erfahrung mit modellbasierten Notationsformen der Stakeholder sein, um ggf. die eine andere Dokumentationsform für die Anforderungen auszuwählen.
Die Stakeholderliste wird dann von der Projektleitung freigegeben und allen Stakeholdern zur Verfügung gestellt. Nicht selten hängen wir diese an der Tür unseres Projektbüros aus. Im Laufe des Projekts wird die Stakeholderliste aufgrund neuer Einflüsse und der Auflösung von Grauzonen im Systemkontext ständig erweitert und angepasst.
Mit Hilfe der Erkenntnisse über die Zusammensetzung der Stakeholder aus der Stakeholderliste, die für uns ein wichtiges Instrument für das Stakeholder-Relationship-Management (Betreuung und Verwaltung von Stakeholdern) ist, treffen wir eine erste Auswahl über die anzuwendenden Ermittlungstechniken. Eine gut gepflegte Stakeholderliste liefert Ihnen wichtige Informationen zum Charakter des Projekts und darüber auf welchen Informationen Ihre bisher erhobenen Anforderungen beruhen. Sie ist somit ein Spiegel Ihres Stakeholder-Relationship-Managements und des gesamten Projekts.
Unser Tipp: Schauen Sie sich Ihre Stakeholderliste genau an – bevor Sie scheitern!
Nachdenklich sollten Sie werden, wenn in vielen Spalten keine oder immer die gleiche Person stehen, Sie den aktuellen Stand ihrer Stakeholderliste nicht finden können oder die Projektleitung Ihnen keine Freigabe für die Ressourcen hoch-priorisierter Stakeholder erteilt. Enthält ihre Stakeholderliste keine auf die Projektrahmenbedingungen abgestimmten Attribute, bleiben Ihnen wichtige Bedürfnisse Ihrer Stakeholder vielleicht verborgen.
Wie Sie die Stakeholderliste anpassen können und welche Aspekte des Stakeholder-Relationship-Managements ihren Projekterfolg noch entscheidend beeinflussen können, erfahren Sie im neuen CPRE Advanced Level Elicitation and Consolidation Trainings der SOPHISTen. Weitere Informationen finden Sie unter diesem Link.
Das Thema nächste Woche: „Warum Interviews nicht immer die beste Technik sind!“