Kreativität: eine neuropsychologische Annäherung (Teil 2)

Durch den in Teil 1 dieser Blogserie beschriebenen Kreativitätsprozess entstehen für das Individuum immer mehr und bessere Möglichkeiten, auf Reize zu reagieren. Aber warum sind wir dann nicht häufiger kreativ? Zwei Gründe hierfür wurden schon genannt: Neue Verknüpfungen passieren nicht nach vorgegebenen Mustern, sondern unberechenbar, und die zufälligen Verknüpfungen sind nicht immer sinnvoll. Voraussetzungen für “Kreativität” sind also “Zufall” und bereits abgespeichertes “Wissen, bzw. Können”.

Neuartige Handlungsvarianten führen aber nicht zwangsläufig zu einem besseren Ergebnis, sie können unter Umständen sogar gefährlich werden.

Deshalb ist die Kette “Reiz -> Gehirn (Erkennung, Bewertung, Reaktionsmusterauswahl) -> Reaktion” keine starr linear ablaufende Folge, sondern ein flexibel angelegter Prozess mit Rückkopplungen und Prüfschleifen.

Neben der Bewertung, wie gefährlich die Ausgangssituation „rundes Objekt, wahrscheinlich ein Fußball, nähert sich“ ist, wird außerdem geprüft, ob die Einordnung “schnelles runde Objekt ist ein Fußball” falsch sein kann. Bei zu großer Unsicherheit entscheidet sich das Gehirn dann für das unkreative, aber sichere “Ducken”.

Bevor eine neue Handlungsvariante ausprobiert wird, werden außerdem die Fragen “Wie hoch sind die Kosten der neuen Reaktion im Vergleich zur alten?”, und “wieviel bringt es mir, wenn die neue Variante gelingen sollte?” im Vergleich zu “Wieviel Schaden entsteht bei einer misslingenden Reaktion? “ evaluiert.

istock_000008788006xsmallErst wenn das Gehirn zu dem Ergebnis kommt, dass das Individuum von einer neuen Handlungsvariante profitieren könnte, und dass bei Misslingen der Aktion kein hoher Schaden entsteht, wird die kreative Version ausgewählt. Es muss also sowohl eine ausreichende Motivation durch eine vorhersehbare Belohnung vorhanden sein als auch ein Grundlevel an Sicherheit, um das höhere Risiko einer neuen Reaktion in Kauf zu nehmen.

 

 

Diese Prozesse laufen unbewusst ab, und auch wenn es möglich ist, gewisse Voraussetzungen zu schaffen, um die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens eines kreativen Ergebnisses zu erhöhen, sind diese nicht vorhersehbar oder planbar.

Es kann zusammengefasst werden, dass “Kreativität” als neuartige Reaktion des Gehirns auf eine Anforderung verstanden werden kann, und dass die Voraussetzungen hierfür “Zufall”, “Können/Wissen”, “Motivation” und “Sicherheit” sind.

Kreativität: eine neuropsychologische Annäherung (Teil 1)

Bildquelle:

Titel: Human brain
Quelle: iStockphoto
Autor: Eraxion

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