Im letzten Teil der Blogserie haben wir uns damit befasst, wie eine vollständige Anforderungsliste aus einem Persona-Steckbrief generiert werden kann und wie funktionale Anforderungen aus Benutzersicht modelliert werden können. Dabei haben wir geschildert, wie Nutzungsabläufe mittels Aktivitätsdiagrammen dokumentiert werden können. Heute beschäftigen wir uns mit einer weiteren Modellart, die mit Personas in Verbindung steht: das Klassendiagramm.
Wir verwenden das Klassendiagramm im Requirements Engineering als Begriffsmodell. Ein Begriffsmodell ist üblicherweise ein Klassendiagramm, das ggf. noch durch ein textuelles Glossar ergänzt wird. Die Inhalte, also die fachlichen Begriffe und deren Zusammenhänge, leiten wir im Requirements Engineering von den Anforderungen ab oder erhalten die Informationen aus den Zulieferungen, wie z.B. Stakeholder Interviews, Dokumentationen und weitere.
Wir können nun aus unserem Persona-Steckbrief ebenfalls Informationen zu fachlichen Begriffen und deren Zusammenhängen herauslesen. In unserem Beispiel haben wir den Persona-Steckbrief Stammgast untersucht und entsprechende Sätze gebildet:
- Ein Gast kann Stammkunde oder Begleiter sein.
- Ein Stammgast hat einen Login für die Registrierung.
- Ein Mitarbeiter kann Rezeptionist oder Servicepersonal sein.
- Ein Gast gibt Reservierungen auf
- Ein Rezeptionist nimmt Reservierungen entgegen
- Eine Speisekarte besteht aus einem oder mehreren Gerichten
- Ein Gericht besteht aus einer oder mehreren Zutaten
- Ein Gast gibt Bestellungen auf
- Ein Servicepersonalmitarbeiter notiert Bestellungen
- Eine Rechnung beinhaltet eine oder mehrere Bestellungen
- Ein Gast bezahlt keine oder mehrere Rechnungen
- Ein Stammgast bevorzugt einen oder mehrere Unterhaltungsfaktoren
Aus diesen und den weiteren Ableitungen der anderen Personas im Beispiel lässt sich nun ein Begriffsmodell erstellen. Anschließend haben wir ein Begriffsmodell für unsere Persona Stammgast erstellt:
Dieses Modell wird mit dem Begriffsmodell aus dem Requirements Engineering verglichen und das RE-Modell um die Deltas ergänzt.
Es ist auch möglich, die aus dem Persona-Steckbrief abgeleiteten Sätze direkt in das gesamte Begriffsmodell aus dem RE einzufügen bzw. abzugleichen. Damit könnte man sich den Aufwand für die Erzeugung eines personaspezifischen Begriffsmodells sparen. Empfehlenswert ist dieser Zwischenschritt jedoch, wenn das Fachgebiet entsprechend komplex ist oder wenn Sie bezüglich der Begriffe und deren Eindeutigkeit in Ihrem Projekt immer wiederkehrende Schwierigkeiten haben. Dann macht es sicher Sinn, die Personas gründlich zu untersuchen und die Ergebnisse gesondert zu dokumentieren, bevor sie schließlich in das Gesamtbegriffsmodell eingehen.
Die Modellierung von Klassendiagrammen und Begriffsmodellen ist einer der Bestandteile des Lehrplans für den Certified Professional für Requirements Engineering im Foundation Level oder Advanced Level Modeling. Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, finden Sie hier unseren Trainingskatalog.
Das war unser Exkurs in die Welt der Begriffsmodelle im Zusammenhang mit Personas und Usability. Im nächsten Teil der Blogserie erfahren Sie, wie sie die Qualitätssicherung unter Usability-Aspekten gestalten können. Außerdem werden wir versuchen, ein zusammenfassendes Fazit zum Thema Anforderungen und Benutzerfreundlichkeit zu ziehen.
Wir hoffen, wir konnten Ihnen einen guten Überblick verschaffen und freuen uns, wenn Sie wieder einmal vorbei schauen!
Bis dahin,
Ihre SOPHISTen
Quellen:
Chris Rupp, Stefan Queins und die SOPHISTen: UML 2 glasklar, Hanser Verlag, München 2012
Chris Rupp und die SOPHISTen: Requirements-Engineering und –Management – Professionelle, iterative Anforderungsanalyse für die Praxis, Hanser Verlag, München 2009.
Goodwin, Kim: Designing For The Digital Age. Wiley Publishing, Inc., Indianapolis, 2009.