Requirements und Usability – wie sich Anforderungen und Benutzerfreundlichkeit ergänzen, Teil 3

Im vorigen Teil der Blogserie haben wir einen Überblick über den Zusammenhang von Requirements Engineering und Usability Engineering gegeben.

Heute beschäftigen wir uns damit, wie wir aus den vorliegenden Informationen, die wir in den Persona-Steckbriefen gesammelt haben, konkrete Anforderungen extrahieren können.

Ziel ist es, Szenarien für das Benutzerverhalten zu ermitteln und eine vollständige Anforderungsliste zu erhalten. Aber fangen wir von Anfang an: Was ist eine Anforderungsliste und wie sieht sie überhaupt aus?

Die Anforderungsliste ist eine Sammlung von Anforderungen, die rein auf den Informationen aus dem Persona-Steckbrief oder aus den Szenarien extrahiert werden können. Sie ergänzt die Anforderungen, die während des Requirements Engineerings ermittelt wurden.

Eine Anforderung ist in diesem Kontext eine aus den Variablen eines Persona-Steckbriefs abgeleitete funktionale oder nicht-funktionale Anforderung. Die Anforderungen müssen in Anforderungssätzen gemäß den Anforderungsschablonen und den Qualitätsmerkmalen von Anforderungen nach IEEE formuliert sein.

Quelle für die Anforderungen sind die Verhaltensvariablen Aktivitäten, Nutzungskontext, Einstellungen, Fähigkeiten, Ziele, Vorkenntnisse und mentales Modell aus dem Persona-Steckbrief, sowie die aus den Aktivitäten generierten Szenarien (siehe dazu die Teile 1 und 2 der Blogserie).

Für nicht-funktionale Anforderungen sind vor allem der Nutzungskontext und das mentale Modell der Persona mögliche Anforderungsquellen, aber auch die anderen Variablen sollten auf implizite nicht-funktionale Anforderungen hin untersucht werden.

Eine Anforderungsliste aus Szenarien generieren
Im letzten Teil haben wir die möglichen Szenarien für einen Stammgast im Restaurant beim Auswählen eines Gerichts vorgestellt. Und so würde die Anforderungsliste für diese Szenarien aussehen:

Schritt 1: Die Aktivitäten der Persona Stammgast aus dem Steckbrief sind der Ausgangspunkt:

Aktivitäten Gericht auswählen
Bestellung aufgeben

Schritt 2: Abgeleitete Szenarien und daraus extrahierte Anforderungen ergeben die Anforderungsliste:

Szenario “Gericht auswählen Anforderungen
Lin Zhang und seine Frau Suzie wählen aus der Speisekarte ein Gericht aus. Das System muss alle Speisen und alle Getränke anzeigen.Das System muss dem Benutzer die Möglichkeit bieten, aus der Speisekarte ein Gericht auszuwählen.
In der Speisekarte ist ein Hinweis auf die wöchentlichen Spezialitäten zu finden. Das System muss wöchentliche Spezialitäten anzeigen.
Lin und Suzie entscheiden sich beide für die wöchentliche Spezialität aus der Spezialitätenliste. Das System muss dem Benutzer die Möglichkeit bieten, wöchentliche Spezialitäten aus der Speisekarte auszuwählen.
Als Getränke wählen sie die dazu empfohlenen Weine, sowie eine Flasche Wasser. Das System muss Getränkeempfehlungen zur wöchentlichen Spezialität anzeigen.Das System muss dem Benutzer die Möglichkeit bieten, Getränkeempfehlungen zur wöchentlichen Spezialität auszuwählen.Das System muss alle Getränke anzeigen.Das System muss dem Benutzer die Möglichkeit bieten, Getränke auszuwählen.

 

Szenario “Bestellung aufgeben” Anforderungen
Nachdem Lin und Suzie Zhang ihr Menü ausgesucht und Sonderwünsche aufgegeben haben, bestellen sie das Menü über das System. Das System muss dem Benutzer die Möglichkeit bieten, seine Bestellung zu prüfen.Das System muss dem Benutzer die Möglichkeit, die Bestellung abzuschließen.
Im gleichen Moment bekommt der Koch einen Bestellauftrag. Das System muss gleichzeitig fähig sein, einen Bestellauftrag in die Küche zu übermitteln.

Damit ist der erste Teil der Anforderungsliste erstellt, die weiteren Anforderungen werden direkt aus den Verhaltensvariablen des Persona-Steckbriefs ermittelt. Doch dazu mehr im nächsten Teil der Serie.

Bis dahin, alles Gute!

Ihre SOPHISTen

Quellen:
Chris Rupp und die SOPHISTen: Requirements-Engineering und –Management – Professionelle, iterative Anforderungsanalyse für die Praxis, Hanser Verlag, München 2009.

Goodwin, Kim: Designing For The Digital Age. Wiley Publishing, Inc., Indianapolis, 2009.

Ein Gedanke zu „Requirements und Usability – wie sich Anforderungen und Benutzerfreundlichkeit ergänzen, Teil 3

  1. Hallo zusammen,
    im ersten Punkt des Szenarios „Bestellung aufgeben“ heißt es: „Nachdem Lin und Suzie Zhang ihr Menü ausgesucht und Sonderwünsche aufgegeben haben, bestellen sie das Menü über das System. Die daraus entwickelte Anforderung „Das System muss dem Benutzer die Möglichkeit bieten, seine Bestellung zu prüfen“ kann ich nicht nachvollziehen. Eigentlich sind die daraus zu schließenden Anforderungen nur: Das System muss die Möglichkeit bieten eine Bestellung einzugeben. Das System muss die Möglichkeit bieten Sonderwünsche einzugeben. Eine Möglichkeit zur Prüfung forsert keiner der Stakeholder oder sehe ich das an der Stelle zu eng?

    Viele Grüße
    Stephan Erbe

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert