Planguage

Qualitätsanforderungen (QA) werden in der Praxis leider häufig nur durch vage Formulierungen (z.B. „Das System muss leicht bedienbar sein.“) beschrieben. Für die adäquate Behandlung der QA ist jedoch eine präzise Spezifikation erforderlich.

In den meisten Fällen werden QAs in natürlicher Sprache formuliert und können so nur schwer oder gar nicht getestet werden. Damit bieten qualitative Begriffe wie einfach, schnell, zuverlässig, skalierbar, effizient, robust und eine Vielzahl anderer Ausdrücke einen fruchtbaren Boden für Missverständnisse zwischen Stakeholdern.

Eine Möglichkeit QAs zu beschreiben ist der Einsatz von „Planguage“. Planguage wurde von Tom Gilb entwickelt und ist eine schlüsselwort-gesteuerte, natürlichsprachliche Methode zur Dokumentation von Qualitätsanforderungen. Damit sollen die oben aufgeführten Probleme vermieden werden.

Wir verwenden Planguage meistens in tabellarischer Form. Dazu zerlegen wir den Prosafließtext der QA mit Hilfe der Planguage-Schlüsselwörter und reichern ihn um die fehlenden Informationen an.

Am besten lässt sich Planguage anhand eines Beispiels erklären. Die Qualitätsanforderung „Das System muss einfach erlernbar sein“ lässt sich in dieser Form nicht testen. Es müsste viel genauer beschrieben werden, was man unter „einfach“ versteht und was „erlernbar“ bedeutet.

Deshalb überführen wir, wie beschrieben, diese Anforderung in die folgende Planguage-Tabelle und ergänzen die fehlenden Informationen.

Schlüsselwörter / Parameter / Konzept Beschreibung Erklärung
Tag Lernbar Eindeutiger, dauerhafter Kennzeichner
Ambition Das System soll so erstellt werden, dass es einfach erlernbar ist Eine kurze, einfache Beschreibung des in der Planguage-Aussage enthaltenen Konzeptes
Scale Zeit, die ein Einsteiger benötigt, um einen Auftrag mit einem Element abzuschließen, wobei nur die Online-Hilfe zur Verfügung steht Die zur Quantifizierung der Aussage verwendete Skala
Meter Messungen, die mit 100 Einsteigern beim Test der Benutzeroberfläche gewonnen werden Der Prozess oder das Gerät, mit dem ein Punkt auf der Skala angegeben wird
Minimum Nicht über 7 Minuten bei 80% der Messungen, 10 Minuten bei 100% der Messungen Der Mindestlevel zur Vermeidung von Fehlern (politisch, finanziell etc.)
Target Maximal 5 Minuten 80% der Zeit Das Level, auf dem von einem soliden Erfolg gesprochen werden kann
Wish Maximal 3 Minuten 100% der Zeit Eine angestrebte Erfüllungsebene, die mit den vorhandenen Mitteln eventuell nicht erreicht werden kann
Past [unser Altsystem] 11 Minuten <- aktuelle Statistiken am Standort Angabe der früheren Ergebnisse zu Vergleichszwecken
Einsteiger Eine Person mit weniger als sechs Monaten Erfahrung mit Web-Anwendungen und keine vorherige Erfahrung mit unserer Website Definition Einsteiger

Die entstandene Planguage-Tabelle bietet viele Informationen zur QA in einem kompakten Format. Darüber hinaus ist sie testbar und weniger mehrdeutig als die ursprüngliche Anforderung.

Neben den gerade aufgezählten Schlüsselwörtern kann Planguage beliebig erweitert werden. So kann jedes Projekt selbst festlegen, welche Schlüsselwörter es verwendet und welche Bedeutung die Schlüsselwörter haben sollen.

Neben den Schlüsselwörtern enthält Planguage auch verschiedene weitere nützliche Symbole.

  • Das Fuzzy-Konzept markiert einen noch nicht ausreichend klar spezifizierten Begriff durch die Verhältniszeichen <…>
  • Die Angabe von Kennzeichner (Qualifier) zur Präzisierung der Informationen (Keywords) in eckigen Klammern [Wann, welcher]
  • Eine Zusammenstellung von betroffenen Objekten, werden in geschweiften Klammern gesetzt {Element1, Element2,…}
  • Die Angabe der Quellen von Anforderungen werden durch einen Pfeil <- {Quelle1, Quelle2} dargestellt

Zwei dieser Symbole befinden sich im unserem Beispiel.

Past [unser Altsystem] 11 Minuten <- aktuelle Statistiken am Standort Angabe der früheren Ergebnisse zu Vergleichszwecken

Unsere Erfahrung mit Planguage zeigt, dass es gerade bei unerfahrenen Autoren von QAs drei Vorteile bietet. Zum einem ist es sehr leicht zu erlernen und anzuwenden. In nur kurzer Zeit kann das Grundkonzept Planguage im Rahmen eines Workshops vermittelt werden, welches dann nach der Schulung durch eine weitere Hilfestellung, z.B. ein Coaching, ergänzt werden sollte.

Zum anderen bietet Planguage wie bereits erwähnt eine hohe Flexibilität und Wiederverwendbarkeit, da es beliebig erweiterbar ist und an ihre Projektrahmenbedingungen angepasst werden kann.

Der größte Vorteil von Planguage ist aber, dass bei der Dokumentation von qualitativen Aussagen wichtige Informationen nicht vergessen werden. Die Schlüsselwörter „führen“ unerfahrene Autoren durch alle benötigten, relevanten Informationen. Dadurch sinkt das Risiko, dass der Autor erforderliche Informationen weglässt. Planguage ist in dieser Hinsicht effizient, unabhängig davon, ob sie als Tabelle in einem Dokument oder als Teil eines automatisierten Anforderungs-Repositorys implementiert wird.

Weitere Informationen zu Planguage findet man in dem Buch „Competitive Engineering“ von Tom Gilb und unter der Adresse http://www.gilb.com.

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