Kundenwünsche Teil 4 – Das Wissen aus Vergangenheit, Gegenwart und der Zukunft

Im letzten Teil unserer Blogserie haben wir Ihnen einige Techniken der Befragung vorgestellt. Heute möchten wir uns der letzten großen Kategorie der Ermittlungstechniken widmen – den Beobachtungstechniken. Des Weiteren werden wir mehrere Techniken vorstellen, die Sie unterstützend zu den Ermittlungstechniken einsetzen können und welche sich positiv auf deren Effektivität auswirken.

Alle schauen, wenige beobachten

Beobachtungstechniken werden eingesetzt, wenn der Stakeholder nicht die kommunikativen Fähigkeiten besitzt, sein wichtiges Know-how mitzuteilen. Des Weiteren haben die zentralen fachlichen Wissensträger meist nicht die Zeit, um an der Anforderungsermittlung mitzuarbeiten. In solchen Fällen sollten Sie auf die Beobachtungstechniken zurückgreifen.

Der Requirements-Engineer nimmt an der täglichen Arbeit des entsprechenden Stakeholders teil, dokumentiert die Arbeitsschritte und ermittelt daraus die vom System zu unterstützenden Arbeitsabläufe. Allerdings besteht dabei die Gefahr, dass der Requirements-Engineer veraltete Technologie-Entscheidungen und verbesserungswürdige Prozesse dokumentiert, da er die Ist-Situation beobachtet. Hier hilft die Essenzbildung, um von in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen zu unterscheiden.

Im Gegensatz zu einem internen Mitarbeiter, hat ein externer Requirements-Engineer den Vorteil, dass er neutral auf die Prozesse blickt. Er erkennt ineffiziente Prozesse schneller, da er den nötigen Abstand besitzt. Ein interner Mitarbeiter könnte die mit den Jahren gewachsenen ineffizienten Arbeitsschritte übersehen, da er sie als selbstverständlich betrachtet. Beachten Sie bei Ihrer Beobachtung, dass allein schon Ihre Anwesenheit das System, beziehungsweise den Prozess verändert.

Feldbeobachtung

Wie bereits erwähnt, möchten wir Ihnen zwei Techniken der Beobachtung vorstellen. Zum Einen wäre da die Feldbeobachtung. Wie man aus der Bezeichnung ableiten kann, wird ein Stakeholder bei seiner täglichen Arbeit beobachtet. Der Requirements-Engineer dokumentiert die ausgeführten Arbeitsschritte und stellt Fragen, wenn etwas unklar sein sollte. Für den Requirements-Engineer ist es empfehlenswert, sich im Vorfeld das Arbeitsumfeld des Stakeholders genauer anzuschauen. So erhält er einen Eindruck, was der Stakeholder eigentlich macht.

Achten Sie bei der Beobachtung darauf, dass Sie sehr feinfühlig vorgehen und nicht wie ein Aufpasser oder Kontrolleur gegenüber dem Stakeholder wirken. Schaffen Sie zwischen dem Beobachteten und Ihnen ein klares Verhältnis. Erklären Sie ihm Ihre Tätigkeit – worauf Sie achten – und erklären Sie, dass der Fokus auf der Analyse des Prozesses liegt und nicht wie gut oder schlecht der Stakeholder seine Arbeit durchführt.

 

Apprenticing

Bei der Apprenticing-Technik liegt der Fokus darauf, nicht Beobachtbares erlebbar zu machen. D. h. der Requirements-Engineer nimmt die Rolle des Lehrlings ein und der Stakeholder die Rolle des Meisters. Im Gegensatz zur Feldbeobachtung, muss der Requirements-Engineer die Arbeitsabläufe nun selbst durchführen. Der Stakeholder übernimmt dafür die Anleitung. Wie bei Lehrlingen üblich, begehen sie Fehler – auch der Requirements-Engineer wird auf Fehler stoßen, die dem erfahrenen Stakeholder nicht mehr unterlaufen. Durch das Erleben der Arbeitsabläufe kann sich der Requirements-Engineer ein wesentlich besseres Bild der Prozesse machen. Dies hilft ihm einerseits bei der Erhebung der Anforderungen und andererseits bei der Ableitung der Testfälle.

 

Unterstützende Techniken

Um die Effektivität aller bisher erläuterten Ermittlungstechniken und die Qualität der ermittelten Anforderungen zu erhöhen, können die Ermittlungstechniken mit den in „Abbildung 3 Was sonst noch alles beim Erheben hilft“ gezeigten Techniken kombiniert werden. Kurz möchten wir Ihnen noch die Vorteile einiger dieser Techniken vorstellen:

  • Das SOPHIST-REgelwerk wird Ihnen helfen, unvollständige Anforderungen zu erkennen und unbewusstes Wissen aufzudecken.
  • Workshops fördern das gegenseitige Verständnis und die Kompromissbereitschaft zwischen den Beteiligten, zudem bieten sie die Möglichkeit, im Thema abgestimmte Informationen zu erhalten.
  • Mind Mapping fördert die Kreativität der Beteiligten und hilft Gedanken zu visualisieren, zu strukturieren und schließlich zu dokumentieren.
  • Durch eine Audioaufzeichnung können Befragungen wesentlich schneller durchgeführt werden, da der Requirements-Engineer nicht jede Aussage des Stakeholders vollständig dokumentieren muss.
  • Die Videoaufzeichnung haben im Gegensatz zu den Audioaufnahmen den weiteren Vorteil, dass auch non-verbale Informationen gesichert werden. Beachten Sie jedoch, dass Sie für eine Video- und Audioaufzeichnung eine Genehmigung des Stakeholders benötigen.

Da wir in diesem Blog nur begrenzten Platz zur Verfügung haben, können wir nicht alles rund um die Anforderungsermittlung erläutern. Falls wir Ihr Interesse an diesem Thema geweckt haben, erhalten sie eine ausführlichere Beschreibung der Anforderungsermittlung und der einzelnen Ermittlungstechniken in unserer Neuauflage des Buches „Requirements-Engineering und –Management“.

Falls wir in unsere Blog-Serie etwas Wichtiges vergessen haben sollten, noch Fragen offen sind, oder Sie noch einen interessanten Beitrag zu diesem Thema haben, schreiben Sie uns einfach an heureka@sophist.de oder rufen Sie an unter 0911 / 40 900 0.

Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert