Projekthelden – eine effektive Retrospektivtechnik (Offer Appreciations)

Teil 2 von 3: Projekthelden – eine Technik die jedem warm ums Herz werden lässt – super einfach durchzuführen

„Nur eigne Kraft weiß fremde Kraft zu würdigen.“
Julius Waldemar Grosse (1828 – 1902)

Im zweiten Teil unserer Blog-Serie zum Thema Projekt-Retrospektiven möchten wir Ihnen, wie versprochen, die Technik des „Offer Appreciations“ vorstellen. Bei dieser Übung, die im Laufe einer Projekt-Retrospektive durchgeführt wird, also nach Abschluss des Projekts, geben sich alle Projektbeteiligten positives Feedback und sprechen ihre vollste Annerkennung für alle bemerkenswerten Leistungen der einzelnen Personen aus. Ganz besonders verdiente Teammitglieder mit Leistungen, die entscheidende Entwicklungen oder Wendungen in dem Projekt bewirkt haben, erhalten ihre Wertschätzung auf einem Niveau welches dem eines antiken Helden gleicht.

Der kurze Aufwand lohnt sich…

Das ganze dauert durchschnittlich eine Stunde und für den Einsatz der Technik spielt es keine Rolle ob das betrachtete Projekt ein Erfolg war oder nicht. Der Sinn dieser Wertschätzung liegt darin, dass heutzutage ganz allgemein,  Arbeitsleistung zu wenig Anerkennung gezollt wird, diese jedoch ein natürliches menschliches Bedürfnis ist und somit auch IT-ler betrifft. Anerkennung hilft, sich der eigenen Leistungen bewusst zu werden, ein besseres Gefühl für die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln und sein Selbstbewusstsein zu stärken. Ein gesteigertes Selbstwertgefühl hilft den Teilnehmern zusätzlich, die durch die Retrospektive beabsichtigten Veränderungen, schneller und effektiver umzusetzen und zu verinnerlichen.

Das „Offer Appreciations“ ist am wirkungsvollsten wenn diese als Unterbrechung innerhalb der „Timeline“-Übung (welche wir Ihnen im nächsten Blog zu diesem Thema vorstellen) oder am Ende eines langen Workshop-Tages, wenn alle Teilnehmer ermüdet sind, durchgeführt wird.

Laotse, Herkules oder Mutter Theresa?

Zu Beginn definieren die Teilnehmer gemeinsam, was für sie ein „Held“ ist. Dabei ist es unerheblich, was andere Individuen außerhalb des stattgefundenen Projektes als einen Helden bezeichnen, sondern es zählt nur die Definition auf die sich die Projektmitglieder einigen. Häufig werden dabei Eigenschaften genannt wie: „Großer Mut und innere Stärke“, „besondere, außergewöhnliche und mutige Taten bei denen es um alles oder nichts geht“, „der Entdecker oder Erfinder von etwas Weltveränderndem“ oder auch ganz mythologisch „von den Göttern begünstigt“. Um solche Eigenschaften für die Definition zu finden, kann sich das Team durch Helden aus Sport, Film, Literatur oder sogar PC-Spielen inspirieren lassen.

Steht die Definition, stellen sich alle die Frage, ob es in dem zu betrachtenden Projekt Helden gegeben hat, was ganz sicher der Fall war (denn jeder hat in diesem Projekt etwas bedeutendes geleistet und jeder muss dafür anerkannt werden.) An dieser Stelle wirft der Moderator die Tatsache in die Runde, dass in unserer Kultur allgemein zu wenig gelobt wird und zu selten Annerkennung ausgedrückt wird, selbst bei wirklichen Heldentaten.

Veränderungspotential durch Selbstbewusstsein schaffen

Ein Teilnehmer fängt damit an, in dem er einem anderen seine Anerkennung ausspricht. Der Empfänger kann sich dazu äußern oder einfach nur bedanken. Anschließend ist dieser selber dran und sucht sich einen anderen Projektkollegen welchem er seine Wertschätzung entgegen bringt. Die Annerkennung muss dabei persönlich ausgesprochen werden und auch persönlich ankommen, da nur so im Empfänger die nötigen Gefühle und die Selbstbewusstseinssteigerung erzeugt werden. Dies wird sichergestellt, indem der Anerkennungsgeber den Anerkennungsempfänger ganz zu Beginn seiner Rede beim Namen nennt und auch bei den weiteren Sätzen darauf achtet, dass die Ansprache stets persönlich ist. Die Anrede „Baldur, ich weiß zu schätzen, dass du…“ ist wesentlich besser als „Ich weiß zu schätzen, dass Baldur …“.

Dieser Prozess geht solange weiter bis jeder Projektkollege mindestens einmal eine Wertschätzung erhalten hat.

Das Loben zur Kultur machen

„Wir alle sollten uns um unsere Zukunft sorgen, denn wir werden den Rest unseres Lebens darin verbringen.“ Charles F. Kettering (1876-1958)

Am Ende verstärkt der Moderator die aufgekommenen positiven Gefühle des Teams indem noch einmal ausspricht, dass es sich wirklich gut anfühlt, Anerkennung zu erhalten.

Dieser Zeitpunkt ist auch eine gute Möglichkeit, das gesamten Team dazu zu ermutigen, in der nächsten Situation in der ihnen ein Kompliment einfällt, dieses gleich auszusprechen und ganz allgemein dieses Verhalten in ihre Alltagskultur zu übernehmen (und das nicht nur Firmenintern).

Wann haben Sie Ihr Team oder Ihre Kollegen das letzte mal aufrichtig gelobt?

(Wie das genau geht, können Sie auch dem Buch „Post mortem. IT-Projekte erfolgreich auswerten.“ Von Norman L. Kerth entnehmen)

PS:

Natürlich interessiert uns auch ihre Meinung und Ihre Erfahrungen zu diesem Thema. Unter den interessantesten und konstruktivsten Einsendungen werden am Ende der Blog-Serie Bücher verlost.

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