Unterstützende Techniken bei der Ermittlung von Anforderungen – User Walkthrough

Heute möchten wir Ihnen eine weitere unterstützende Ermittlungstechnik vorstellen, den User Walkthrough (auch Usability Walkthrough, Walkthrough mit Benutzern oder Pluralistic Walkthrough).
Wie in unserem vorangegangenen Artikel zu „Prototyping“ erwähnt, eignet sich diese Technik gut, um mit Stakeholdern früh im Entwicklungsprozess Prototypen zu evaluieren.

Dabei können folgende Aspekte abgedeckt werden:

  • Notwendiger Informationsgehalt
  • Funktionalität und Abläufe
  • Einbettung in die Geschäftsprozesse
  • Datenaustausch mit anderen Systemen und Applikationen
  • Darstellung von Tabellen, Grafiken, Funktionen usw.
  • Wichtige Details der Benutzungsschnittstelle

Überblick
Um bei einem User Walkthrough Anforderungen zu überprüfen und zu verfeinern, bearbeitet die Testperson aus der Gruppe der Anwender realistische Aufgaben mit dem zu prüfenden System bzw. Prototypen. Der Moderator kann direkt eingreifen, Fragen stellen und bestimmte Abläufe durchsprechen. Weitere Stakeholder sind entweder als Beobachter anwesend oder diskutieren mit.

Es muss allerdings darauf geachtet werden, dass der Moderator den Benutzer nicht zu stark beeinflussen darf. Zudem ist die Entwicklung der Aufgabenstellung für den User Walkthrough relativ zeitaufwändig.

Ablauf
Ein typischer Ablauf beim User Walkthrough sieht folgendermaßen aus:

  • Phase 1 Die Definition: Der Testleiter und die Testperson stellen die Aufgaben (Testszenarien) zusammen.
  • Phase 2 – Die Durchführung: Die Testperson bearbeitet die Testszenarien mit dem zu prüfenden Prototypen.
  • Phase 3 – Die Dokumentation: Die Erkenntnisse aus den beiden vorangegangenen Phasen werden dokumentiert. Es sollten unter anderem auch noch fehlende benötigte Informationen für die Handlungsschritte und Fehler- und Erfolgsstories dokumentiert werden.
  • Phase 4 – Die Revision: Mögliche Verbesserungen werden aufgenommen. Anforderungen werden aus den dokumentierten Erkenntnissen abgeleitet, Informationen verdeutlicht oder entfernt. Hierbei müssen unter Umständen auch die Menüpunkte des Prototypen angepasst werden.

Die Durchführung und Dokumentation kann auch parallel ablaufen.

Tipps zum User Walkthrough:

  1. Die Aufgabenstellung sollte ein konkretes realistisches Szenario aus Benutzersicht sein.
  2. Begriffe und Bezeichnungen, welche in der Applikation vorkommen, sind in der Aufgabenstellung zu vermeiden.
  3. Ggf. weitere Stakeholder als Beobachter oder Diskussionspartner einbeziehen.
  4. Die Aufgaben für die Testperson sollten einen mittlerem Schwierigkeitsgrad haben (motivierend, lösbar und nicht trivial).
  5. Das Ziel sollte mit Blick auf das Anwendungsgebiet formuliert sein und keine technische Anleitung zur Erfüllung dieses Zieles darstellen.

Fazit
Mit einem User Walkthrough können Sie Ihre Stakeholder gut in das laufende Projekt einbinden. So fühlen sie sich informiert und sind für das Projekt motiviert. Vor allem in Kombination mit Prototyping kann der User Walkthrough seine Stärken ausspielen.
Quellen:
[IREB11]
IREB e.V.: Lehrplan CPRE Advanced Level Elicitation&Consolidation v1.0, 1. Juli 2011

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