Wie wir in unserem letzten Blog bereits angekündigt haben, beleuchten wir heute die Kreativitätstechniken. Kreativitätstechniken helfen, den Kopf zu befreien, sich auf eine Tätigkeit zu konzentrieren und damit herausragende, geniale Ideen zu entwickeln. Dabei ist jedoch zu beachten, das richtige Umfeld für diese Kreativität zu schaffen und nicht im kreativen Chaos zu versinken.
Entstehung der Kreativitätstechniken
Eine Kreativitätstechnik, die Ihnen mit Sicherheit bekannt ist, die Sie vielleicht sogar schon angewandt haben, ist das Brainstorming. Diese Technik wurde von Alex Osborn Ende der 30er Jahre mit dem Ziel, die Quantität und die Qualität verkaufsfördernder Ideen zu erhöhen, entwickelt. Das Brainstorming hat den Grundstein für eine Vielzahl verschiedener Kreativitätstechniken gelegt.
Die Walt Disney-Methode
Eine der genannten Techniken, die Walt Disney-Methode (engl. Disney method), möchten wir Ihnen beispielhaft für die Gruppe der Kreativitätstechniken an dieser Stelle näher erläutern.
Die Walt Disney Methode geht auf Robert B. Dilts[1] zurück, der über den berühmten Zeichentrick-Autor und Filmproduzenten schrieb:
„[…] tatsächlich gab es drei Walts: den Träumer, den Realisten und den Miesepeter – […]“
Der Erfinder von Micky Maus und Co. war ein Mensch mit sehr starken Träumen und Visionen. Speziell für die Zeit in der er seiner Phantasie freien Lauf ließ, diese Phantasien prüfte und ihnen kritisch gegenüber stand, richtete er drei verschiedene Räume ein. Jeder dieser Räume wurde so ausgestattet, dass er zu den folgenden Rollen passt:
· Der Träumer und Visionär lässt seiner Phantasie freien Lauf, ist kreativ und entwickelt neue Ideen.
· Der Realist prüft die generierten Ideen auf Umsetzbarkeit und Machbarkeit.
· Der Kritiker versucht alle negativen Aspekte beziehungsweise Schwachstellen der Idee aufzudecken.
Durch die explizite Trennung der Rollen und Konzentration auf die jeweilige Sicht wird es möglich, alle zu einer Idee gehörenden Aspekte ausreichend Raum zu geben und ungewollte negative Überlagerungen der Rollen zu verhindern. Dies fördert die Kreativität ohne das häufig einhergehende „kreative“ Chaos. Mit Hilfe der verschiedenen Räumlichkeiten pro Rolle wird eine klarere Verbindung zu den jeweiligen Rollen geschaffen. Dies erleichtert es, in die jeweilige Rolle zu schlüpfen. Für den Träumer wäre z. B. ein angenehmer Meetingraum – völlig frei von technischem Equipment – dafür mit Flipcharts und Farbstiften ausgestattet, geeignet. Für den Realisten ist der tägliche Arbeitsplatz genau das Richtige. Dort fühlt er sich wohl und kann eine Idee objektiv betrachten. Der Kritiker benötigt eine Umgebung in der es „heiß her geht“ zum Beispiel kann er sich kann einer Diskussion wie einem Review Meeting oder einer Controllersitzung anschließen.
Wie geht man vor?
Zu Beginn sollten Sie das Problem oder das bereits bekannte Ziel sichtbar aufschreiben. Danach „schlüpfen“ Sie in die Rolle des Träumers. Seien Sie kreativ und schreiben Sie alle Gedanken / Ideen auf ohne diese zu hinterfragen oder sich die Frage der Realisierbarkeit zu stellen. Dabei sollten alle Ergebnisse dokumentiert werden – egal wie unsinnig die Ideen auf den ersten Blick erscheinen.
Im nächsten Schritt begutachtet der Realist die notierten Ergebnisse und stellt sich die Frage: „Wie kann dies realisiert werden, was sich der Träumer ausgedacht hat?“ Erarbeiten Sie einen Plan und notieren Sie alle Mittel, die für die Umsetzung benötigt werden. Protokollieren Sie ebenfalls, welche Ressourcen Ihnen bereits zur Verfügung stehen, welche Menschen, Abteilung oder Unternehmen Ihnen bei Ihrem Vorhaben unter die Arme greifen könnten und welche Qualifikationen für diesen Zweck benötigt werden.
In der dritten Phase beurteilt der Kritiker die Ergebnisse des Realisten. Er soll sich die Frage stellen: „Ist diese Realsierung möglich?“. Er sucht nach Fehlern und zeigt die Schwachstellen der Idee auf. Der Kritiker ist gegenüber Allem skeptisch und will gar nicht nett sein.
Sobald der Kritiker seine Arbeit getan hat, beginnt die nächste Iteration. Der Träumer erhält die Ergebnisse des Kritikers und versucht etwas noch großartigeres zu entwickeln. Er nimmt sich die Kritik Punkt für Punkt vor und erweitert die Idee, bis sich die Kritik auflöst. Die Idee sollte dabei nicht reduziert werden!
Diese Phasen durchlaufen Sie solange, bis der Kritiker nicht mehr kritisieren kann oder der Träumer keine Argumente gegen die Kritikpunkte findet. Bei ersterem sollten Sie sobald möglich mit der Realisierung beginnen, eh alle guten Gedanken verflogen sind, oder Ihre brillante Idee in einer Schublade verschwindet. Im Falle, dass der Träumer dem Kritikerkeine Gegenargumente liefern kann, sollten Sie die Idee fallen lassen und sich vorzugsweise auf eine andere konzentrieren.
Zum Abschluss möchten wir noch erwähnen, dass es verschiedene Spielweisen der Walt-Disney Methode gibt. Walter Elias Disney – stimme Ihnen zu, Walt hört sich vertrauter an ;-) – bevorzugte die Solovariante, in der er allein nacheinander die unterschiedlichen Rollen durchwanderte. Ebenso häufig trifft man aber auch Gruppenvarianten an, bei denen entweder alle Gruppenmitglieder gemeinsam in die einzelnen Rollen schlüpfen oder auch, ähnlich der Solovariante, die einzelnen Gruppenmitglieder unabhängig voneinander die Rollen wechseln können. Diese letzte Variante funktioniert am besten mit räumlicher Trennung der Rollen, da sich die Teilnehmer sonst gegenseitig stören und häufig Rollenvermischungen stattfinden.
In den nächsten Wochen stellen wir weitere Techniken der Anforderungsermittlung vor und hoffen, dass wir Ihnen damit helfen können, ihre Produkte innovativer zu gestalten. Falls Sie Anregungen zu diesem Thema haben, schreiben Sie uns an heureka@sophist.de oder rufen Sie an unter 0911 / 90 4000.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viele außergewöhnliche und erfolgreiche Ideen.
[1] John Martin, Ros Bell, Eion Farmer: B822 – Technique Library, The Open University, Milton Keynes/USA 2000. (SUP 50139 5)