RE für Einsteiger (Teil 3) – Warum Dokumentation essentiell ist

Wir freuen uns Sie erneut in unserer Blogserie aus dem reichhaltigen philoSOPHISTischen Leseangebot begrüßen zu dürfen. In diesem Beitrag möchten wir Ihnen die Gründe für Dokumentation darlegen.

Blog_RE f. Beginner Teil 3

Dokumentation wird von so manchem als lästig, weil sehr zeitaufwendig, empfunden. Letzteres zumindest stimmt sicherlich – Dokumentation (wenn man es denn sehr ordentlich macht) kostet viel Zeit. Andererseits sparen Sie bei ordentlicher Dokumentation auch sehr viel Zeit –  natürlich nicht zu dem Zeitpunkt zu dem Sie dokumentieren, aber in der Zukunft, wenn es darum geht, die Anforderungen wieder auszugraben weil Ihr altes System nicht mehr länger Ihren Ansprüchen genügt und modifiziert werden soll. Dann wollen Sie bestimmt nicht gezwungen sein eigentlich bekannte Anforderungen nochmal neu zu definieren. Dokumentation dient somit auch zur Konservierung von Wissen.

Selbst wenn Sie in Ihrem Projekt agil vorgehen, sind Sie dennoch auf Dokumentation angewiesen, damit Informationen- und damit auch Anforderungen- nicht einfach unter den Tisch fallen. Damit dient Dokumentation auch als mentaler Anker für Informationen und Anforderungen und trägt zum Erhalt des Gesamtüberblicks bei.

Wissen verfällt mit der Zeit. Ein Grund dafür  kann natürlich hohe Mitarbeiterfluktuation sein… die Mitarbeiter wechseln das Unternehmen und das Wissen über Ihr System verschwindet mit ihnen. Der Hauptgrund für Wissensverfall ist allerdings nach wie vor die Trägheit des menschlichen Gehirns und das damit verbundene Vergessen von Informationen. Bereits in den ersten 2 Wochen nachdem Wissen erzeugt wurde, gehen große Teile des generierten Wissens verloren. Dieser Erkenntnis ist Hermann Ebbinghaus im Rahmen eines Selbstversuchs auf die Schliche gekommen[1]. Weitere Versuche von Bahrick und Novak belegen diese Ergebnisse ebenfalls.[2]

Desweiteren gibt es den Zeigarnik- oder Cliffhanger-Effekt2: Informationen zu noch nicht abgeschlossenen Aufgaben oder Zusammenhängen bleiben fast doppelt so lange im Bewusstsein eines Menschen wie Inhalte zu erledigten Arbeiten. Nachdem also zum Beispiel eine Systemfunktion fertig analysiert ist, kann sie ja getrost vergessen werden – auch wenn sie eventuell für die weitere Analyse im Gesamtprojektverlauf wichtig wäre. Dokumentation hilft Ihnen dabei, zu einem späteren Zeitpunkt an vorher erarbeitete Ergebnisse anzuknüpfen und den Überblick über Einzelergebnisse nicht zu verlieren.

Was außerdem für eine Dokumentation spricht, ist die Tatsache, dass es uns Menschen leichter fällt, Informationen zu verarbeiten, wenn wir sie – anstatt sie nur zu hören – auch  niederschreiben. Das hängt mit der Ausprägung der Verbindungen unserer Synapsen im Gehirn zusammen: Wenn der auditive und der visuelle Kanal bei der Informationsverarbeitung miteinander kombiniert werden, dann können Informationen effizienter verarbeitet werden.

Unser Gehirn kann nur eine sehr begrenzte Anzahl an Informationen gleichzeitig verarbeiten. Dieses Theorem belegte Georg A. Miller mit Hilfe verschiedener Experimente. In einem dieser Experimente stellte er fest, dass unser Kurzzeitgedächtnis in seiner Kapazität stark begrenzt ist und gleichzeitig nur die oftmals zitierten ca. 7 Informationen behalten kann.[3]

In Systementwicklungsprojekten wird aufgrund zu großer Komplexität diese Kapazität oftmals überschritten. Was dann hilft, ist eine Zerlegung des Systems in einzelne Bestandteile. Um sich dabei nicht in der Komplexität der einzelnen Zerlegungen zu verlieren, ist für ein gemeinsames Verständnis und die Erhaltung des Gesamtüberblicks ein gewisses Maß an Dokumentation absolut notwendig.

Wenn Sie in Ihrem Projekt dokumentieren, tun Sie nicht nur sich selbst einen Gefallen sondern helfen damit, auch in der Zukunft den Überblick über alle Anforderungen zu behalten und das Wissen zu konservieren.

Wir hoffen wir konnten Ihnen mit diesem Blogeintrag das Dokumentieren schmackhaft machen. In unserem nächsten Beitrag schicken wir unsere Anforderungen auf den Prüfstand und erzählen Ihnen einiges über das Verwalten von Anforderungen. Wir freuen uns, wenn Sie wieder mit an Bord sind.

Herzlichst

Ihre SOPHISTen



[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Vergessenskurve
[2] Requirements Engineering und –Management; 6. Auflage; Kapitel 1; Seite 20
[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Millersche_Zahl

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