Elevator Pitch als unterstützende Technik bei der Ermittlung von Anforderungen

Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine zündende Idee für ihr Projekt. Sie selbst sind absolut überzeugt, und auch einige Ihrer Kollegen haben Sie bereits begeistert. Die einzige Problematik dabei ist, dass Sie auch noch wichtige Entscheidungsträger auf Ihre Seite bringen müssen. Die Frage ist nur: Wie? Oftmals kommt man an Entscheidungsträger schwer heran und auch wenn man einen Termin bei ihnen bekommt, so ist die Zeit begrenzt.
Sie müssen es daher schaffen, mit ihrem Anliegen schnell zur Sache zu kommen. Aus dieser Not heraus wurde der Elevator Pitch geboren. Erfunden wurde er übrigens in den USA. Unter einem Elevator Pitch kann man sich folgendes vorstellen: Ein Angestellter hat eine Idee für das Unternehmen oder ein Projekt. Um diese einem „Executive“ vorstellen zu können, wartet dieser auf eine entsprechende Gelegenheit.
Eine solche bietet sich idealerweise im Fahrstuhl. Dort hat er (zumindest in den Vereinigten Staaten) ca. 30 bis 45 Sekunden Zeit sein Anliegen vorzutragen. Ist der Mitarbeiter erfolgreich, darf er sein Anliegen bei einem Folgetermin genauer erläutern.

Es ist psychologisch erwiesen, dass wir binnen Sekunden entscheiden, ob wir jemanden oder etwas mögen. Der Elevator Pitch sollte daher einen interessanten Einstieg haben, dieser entscheidet möglicherweise über die Gesamtbewertung des Minivortrags.
Als Einstieg bieten sich eventuell eine ungewöhnliche Fragestellung oder eine überraschende Information an. Die Verwendung von Metaphern oder Bildbeschreibungen machen die Präsentation interessant. Bei der Ausgestaltung des Elevator Pitchs sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Innerhalb des Vortrags soll konkret dargestellt werden, welchen Mehrwert die Idee für alle Beteiligten hat. Am Schluss der Präsentation sollte noch eine konkrete Aufforderung stehen. Zusammenfassend können Sie sich auch das AIDA-Prinzip merken:

  • Attention (aufmerksam machen)
  • Interest (Interesse wecken)
  • Desire (Bedürfnisse ansprechen)
  • Action (Handlung auslösen)

Auch im Requirements-Engineering lässt sich diese Methode gut einsetzen. Einerseits um z.B. Stakeholder zu überzeugen, dass ihre Beteiligung in der Ermittlung von Anforderungen oder beim Prüfen und Abstimmen von Anforderungen nötig ist, andererseits kann sie auch unterstützend bei der Ermittlung von Anforderungen eingesetzt werden. Ganz zu Beginn eines Projekts werden die Ziele festgelegt. Gerade an dieser Stelle kann der Elevator Pitch als Zielfindungstechnik eingesetzt werden. Oftmals gibt es Stakeholder, die sich bestens damit auskennen, wie ihre Idee umgesetzt werden soll, aber sie tun sich schwer damit, sie so zu präzisieren, dass der konkrete Gedanke dahinter klar wird.

Genau wie in der namensgebenden Aufzugfahrt hat der Stakeholder 30 Sekunden Zeit, um seine Anforderung oder Idee zu präsentieren. Dabei darf er keine Hilfsmittel verwenden. Fachliche Details sollten innerhalb dieser Präsentation nur dann genannt werden, wenn diese für das Verständnis unerlässlich sind. Mit Hilfe eines solchen Vortrags erfährt der Requirements-Engineer vom Stakeholder, was dieser konkret umgesetzt haben will.

Ein Beispiel eines Elevator Pitchs nach dem AIDA-Prinzip könnte folgendermaßen aussehen.

„Das digitale Zeitalter hat schon längst begonnen, doch unser Bibliothekssystem hat den Anschluss verpasst. Sie alle erledigen viele Dinge über das Internet. Sie kaufen Geschenke, reservieren sich Konzertkarten oder bestellen sich etwas zu Essen. Unser Bibliotheksystem hingegen hat die digitale Revolution bisher nur teilweise nachvollzogen. Bisher ist es zwar möglich, ein Leihobjekt über das Internet zu suchen, es ist jedoch nicht möglich, dieses Buch online zu entleihen. Dies ist hinderlich für Berufstätige, die daher nur samstags von 9-12 Uhr Bücher entleihen können. Durch diesen Umstand verlieren wir Kunden. Was wäre, wenn Bücher nicht nur über das Internet suchbar, sondern auch entleihbar wären? Über ein Versandsystem würden die bestellten Bücher direkt zum Kunden geliefert. Dadurch würde die Attraktivität der örtlichen Bibliothek gesteigert, und zusätzlich würden Stoßzeiten vermieden. Auf lange Sicht könnte die Bibliothek außerdem Personalkosten einsparen. Um diese Veränderungen realisieren zu können, ist es notwendig bereits jetzt die entsprechenden Anforderungen zu erheben.“

So kann der Elevator Pitch zum Beispiel im Rahmen eines Interviews eingesetzt werden, indem der Requirements-Engineer einen Stakeholder, der Schwierigkeiten hat, im Rahmen des Interviews seine Ideen auf den Punkt zu bringen, dazu auffordert, ihm in genau einer Minute (oder 30 Sekunden) überzeugend darzustellen, was das zu entwickelnde System seiner Meinung nach unbedingt können oder haben muss.

Kurz gesagt hilft der Elevator Pitch dabei, auf den Punkt zu kommen. Er ist somit eng verwandt mit der letzten Technik, die wir in dieser Blogserie vorstellen werden: der Essenzbildung.

Quellen:

http://www.certified-re.de/fileadmin/IREB/Lehrplaene/CPRE_Elicitation_and_Consolidation_Lehrplan_Version_1.0.pdf

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