Von der Lösung zum Problem – wie Sie mit Fragetechniken den Problemen auf den Grund gehen können, Teil 4

Im Requirements Engineering stehen wir immer wieder vor der Herausforderung, vorgefertigte Meinungen oder Lösungswege zu hinterfragen und neue, innovative oder optimale fachliche Lösungen zu finden. Aber dazu benötigen wir Wissen über das vorliegende Problem, und das müssen wir uns mühsam erarbeiten – mit Fragetechniken. In den letzten Beträgen dieser Serie haben wir bereits besprochen, wie man ziel-, problem– und ressourcenorientiert Fragen stellen kann. Heute geht es mit den defizitorientierten Fragestellungen weiter.

Manche Teile eines Problems entstehen in der Organisationseinheit der Anwender selbst, was natürlich auch Auswirkungen auf die Anforderungen haben kann. Diese Teilprobleme können immens wichtig sein, wenn es um den erfolgreichen Einsatz einer (neuen) Software geht. Deshalb ist auch wichtig zu erkennen, welche Defizite um unser Kernproblem herum bestehen:

  • Gibt es eine ungleiche Arbeitsaufteilung im Team/zwischen Teams oder Kollegen? Diese Frage gibt u. A. Aufschluss darüber, ob die Anwendungen oder das Rechtekonzept prozessual optimal definiert sind.
  • Wie entsteht die ungleiche Aufgabenverteilung?
    Es könnte sein, dass das Problem organisatorisch begründet bzw. lösbar wäre. Oder aber auch hier das Konzept für die Benutzerrollen nicht mehr passt.
  • Was stört Sie an Ihrer jetzigen Rolle im Team?
    Es kann immer wieder vorkommen, dass persönliche Unzufriedenheit die Ursache für ein Problem ist. Auch hier ist es gut zu hinterfragen, auch wenn hier nicht interveniert werden kann. Vielleicht wird aber auch eine bestimmte Benutzerrolle technisch nicht optimal unterstützt.
  • Woran mangelt es in der Führung, wenn das Problem/die Situation eintritt?
    Handelt es sich bei dem Problem tatsächlich um ein Problem, das technisch lösbar ist oder gibt es ggf. gar keinen fachlichen Geschäftsprozess für diesen (Sonder-) Fall? Manche Probleme entstehen einfach dadurch, dass Führungskräfte nicht oder zu wenig eingebunden werden.
  • Wodurch entsteht das ungleiche Verantwortungsbewusstsein im Team?
    Diese Frage liefert ein Indiz dafür, dass Prozesse nicht oder nicht optimal abgebildet oder definiert sind. Klare Verantwortungen können durch Arbeitsanweisungen, aber auch durch klare Prozessdefinitionen und –Rollen definiert werden.

Wie Sie sehen, dreht sich bei den defizitorientierten Fragestellungen vieles um vollständige oder korrekte Abbildung von Prozessen und Rollenkonzepten. Bekommt man im Interview viele Informationen durch diesen Fragetyp, ist gegebenenfalls zunächst eine Geschäftsprozessanalyse notwendig.

Wie Sie Ihre Kenntnisse zu Fragetechniken noch um dissoziierende und assoziierende Fragestellungen erweitern können, erfahren Sie im nächsten Blogbeitrag.

Bis dahin wünschen wir Ihnen eine gute Zeit und aufschlussreiche Interviews!

Ihre SOHPISTen

Quelle:
Balance Akademie, Graz, Lehrmaterial Coaching-Ausbildung http://www.balanceakademie.at/

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