„Hallo? Vermittlung?“ – Teil 2

Vermittlungsmethoden im Software Engineering

Die Schwierigkeiten und Herausforderungen auf die man bei der Vermittlung von Wissen im Bereich des Software Engineerings stoßen kann, wurden im vorangegangenen Beitrag dieses Blogs beschrieben und erläutert.

Thema des vorliegenden Beitrags soll nun der Gegenstand der Vermittlung sein, also das was der Sender an den Empfänger über- oder vermittelt. In einer ersten Annäherung kommt einem sicherlich der Begriff Wissen in den Sinn. Aber was ist Wissen eigentlich und wie ist es definiert.

Sucht man in der Philosophie nach einer Definition von Wissen stößt man unweigerlich auf „Wissen ist wahre, gerechtfertigte Meinung“. Dieser Ausspruch stammt aus einem von Platons mittleren Dialogen dem Theätet. Die Meinung und Überzeugung von einer Sache gilt demnach als notwendig dafür, dass die Sache überhaupt Wissen sein kann. Aber nur weil jemand von einer Sache überzeugt ist, wird aus der Sache noch kein Wissen. Die Sache muss also zusätzlich noch wahr sein. Schließlich gibt es falsche Meinungen aber kein falsches Wissen. Aber auch wahre Meinung ist nicht mit Wissen gleichzusetzen. Man stelle sich das Zufallsexperiment „Werfen einer Münze“ vor, wobei jemand davon überzeugt ist, dass das Ergebnis „Zahl“ sein wird und zufällig ist das Ergebnis auch „Zahl“. Damit handelt es sich zwar um eine wahre Meinung die jemand über den Ausgang des Zufallsexperiments hat, aber die Person hatte sicherlich kein Wissen über den Ausgang des Experiments. Was also noch fehlt, ist die Rechtfertigung und Begründung der Meinung über die Sache und das führt letztendlich zu „Wissen ist wahre, gerechtfertigte Meinung“.

Aber genug von Platon an dieser Stelle, schließlich wurde die allgemeine Gültigkeit dieser Definition von Wissen vom amerikanischen Philosoph Edmund Gettier durch einen 1963 veröffentlichten Aufsatz wiederlegt. Seitdem gab es in der Philosophie viele Ansätze einer Neudefinition, aber bislang konnte noch kein gemeinsamer Konsens getroffen werden. Somit bleibt eine der fundamentalsten Fragen der Epistemologie bis heute nicht hinreichend beantwortet, nämlich die Frage nach dem was Wissen eigentlich ist.

Die Überzeugung von der Gültigkeit einer Sache als Voraussetzung für Wissen findet sich auch in der Psychologie. Darüber hinaus existiert weitestgehend ein Konsens über die Unterscheidung zwischen deklarativem und prozeduralem Wissen, gleichwohl der Grenzverlauf zwischen beiden Wissensarten nicht eindeutig festgelegt ist. Deklaratives Wissen umfasst sowohl Faktenwissen als auch komplexes Zusammenhangswissen und wird häufig als „Wissen, dass“ bezeichnet. Eine Person kann zum Beispiel wissen, dass am 14. Juli 1789 der Sturm auf die Bastille stattfand oder sie kann Verständnis von der Wechselwirkung von volkswirtschaftlichen Faktoren in Form von Wissen besitzen. Ist in der Alltagssprache vom Können oder dem „Wissen, wie“ die Rede, so ist in den meisten Fällen prozedurales Wissen gemeint. Das Wissen wie man eine mathematische Gleichung löst und die Fertigkeit Fahrradfahren zu können sind zwei Beispiele hierfür. Neben den erlernten Fertigkeiten gehören auch die angeborenen Fähigkeiten zu dieser Art von Wissen.

Wer jetzt glaubt, dass die Didaktik ihre eigene Definition von Wissen hat, liegt leider falsch. Sie beschäftigt sich zwar mit der Theorie und Praxis des Lehrens und Lernens von Wissen, hat aber keine eigene Definition von Wissen und bedient sich der Definition von Wissen aus der Psychologie.

Zu erwähnen sei noch, dass die Bedeutsamkeit von (Allgemein-)Wissen durch eine soziale Übereinkunft festgelegt wird. Somit ist Wissen oft nur innerhalb der Reichweite eines Fachbereichs gültig und es muss außerhalb dieser Reichweite mit Widerspruch gerechnet werden.

Die aufgeführten Definitionen von Wissen helfen einem schon ganz gut eine gewisse Vorstellung von dem zu entwickeln, was da vermittelt wird. Allerdings gibt es Situationen, in denen weitaus mehr vermittelt wird als nur das reine Wissen.
Eher implizit werden z.B. der Wille und die Fähigkeit zur Anwendung des Wissens vermittelt. So sind die Bereitschaft das Wissen zur Lösung eines Problems einzusetzen und die Fähigkeit zu handeln zwei Aspekte, die eine Person mit etwas auszeichnet, was in der Literatur als Kompetenz bezeichnet wird. Kompetenzen sind zudem stets an einen Kontext gebunden in denen sie erworben, verbessert und überprüft werden können.

Soviel zum Thema „Was ist eigentlich der Gegenstand einer Vermittlung“ und „Was versteht man unter den Begriffen Wissen und Kompetenz“.

Im nächsten Beitrag wird ein Modell der Vermittlung vorgestellt. Es zeigt auf welche Elemente zu einer Vermittlung gehören und wie diese Elemente in Bezug zueinanderstehen. Somit bildet es die Grundlage für weitere Betrachtungen von Methoden zur Vermittlung.


Teil 1 dieser Blogserie finden Sie hier.
Teil 3 dieser Blogserie finden Sie hier.

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